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Grundlagen des Lederhandwerks

Oft werde ich gefragt, wie denn die ganzen Muster, Formen und Verzierungen ihren permanenten Platz auf dem Leder bekommen. 

 

Damit der Prozess hinter handgemachten und punzierten Lederarbeiten sichtbarer wird, gebe ich Ihnen unten eine kurze Zusammenfassung über die einzelnen Schritte am Beispiel eines Lesezeichens.

 

Und im Video können Sie mir beim Herstellen einer Messerscheide für ein Hirschhorn-Messer über die Schultern schauen. 


Vielleicht inspiriert Sie es dazu, sowas doch auch einmal selbst zu probieren?

Ledergürtel

Überblick über die Einzelschritte

Am Anfang jedes Werkstückes steht eine Idee die neben dem Stil und vielleicht dem einen oder anderen Designelement vor allem das Material bestimmt. 

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Leder kommt in einer Vielzahl an Varianten und z.B. für punzierte Stücke benötigt man sogenanntes "vegetabil bzw. pflanzlich gegerbtes Leder" 
- warum, erkläre ich weiter Unten.

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Zusätzlich brauchen wir Nähgarne, Nadeln, Punziereisen, Nahtversenker, Kantenhobeln, etc. Und natürlich scharfe Messer.

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Stehen Design und nötige Materialien, wird das Leder zugeschnitten. Dabei verwendet man Scheren, Teppichmesser oder auch das "Symbol der Lederhandwerker", das Halbmondmesser, wie hier im Bild.

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Damit der Verschnitt möglichst klein bleibt und nur kleine Restteile übrig bleiben, verlangt dieser Schritt eine gewisse Voraussicht und Planen zahlt sich definitiv aus.

Sind alle Teile zugeschnitten kommt der besonders kreative Teil: Das Punzieren und Verzieren des Leders. Doch zuerst muss das Leder dafür vorbereitet werden.

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Dazu wird das vegetabile Leder mit einem Schwämmchen leicht befeuchtet und das Wasser zieht dabei sofort in die Oberfläche des Leders ein.
 

Wenn das Leder sich kühl und an der Oberfläche trocken anfühlt, ist es bereit bearbeitet zu werden. Durch das Befeuchten bleiben Punzierungen fest im Leder und werden besonders "einprägsam".
 

Nur vegetabil gegerbtes Leder ohne Oberflächen-behandlung hat diese Eigenschaft und kann dadurch punziert werden. Chromgegerbte Leder oder Leder mit versiegelter Oberfläche können nicht punziert werden - nur heiß geprägt, aber das ist eine andere Disziplin.

Nun kann man das Design der Verzierungen einarbeiten. Natürlich kann man ausschließlich mit den Punziereisen Muster in das Leder prägen, aber viele Designs werden mit dem sogenannten "Swivel Knive" in das Leder geschnitzt und die dadurch entstandenen Schnitte mit Punziereisen durch Prägungen entlang der Kante hervorgehoben.

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Das Swivel-Knive hat dabei eine besonders "wendige" Form mit einer Fingerrast und einem Drehgelenk, wodurch sich besonders kurvige Schnitte gut machen lassen.

Bei den Punzierungen gibt es eine gewaltige Anzahl an Präge- bzw. Punziereisen. Entsprechend vielfältig können Werkstücke ausfallen und der Kreativität sind fast keine Grenzen gesetzt.

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Der Prozess kann je nach Werkstück enorm lange dauern. Auch ein Flechtmuster das einen ganzen Sattel bedeckt, hat nur einen kleinen Punzierstempel mit gerade mal ca. 1x1 cm Größe als Grundlage. Und die Reihenfolge bei komplexen Mustern muss auch berücksichtigt werden.

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Ist das Werkstück fertig punziert, werden die letzten Schritte vor dem Färben gesetzt - dazu zählen Kantenbearbeitung mit Kantenhobeln und Nahtvorbereitung bzw. das Setzen von Flechtungs-Löchern oder anderen Dingen.

 

Natürlich kann alles auch nach dem Färben geschehen, nur je nachdem wie das Werkstück ausfällt muss dann auch einmal an diversen Stellen nachgefärbt werden. Alles eine situationsabhängige Geschmackssache die - wiedermal - Planung benötigt.

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Lederarbeit ist eine Mischung aus Intuition und Voraussicht, weil "Einmal im Leder, immer im Leder".

Kommen wir zum bunten Teil der Arbeit: 
Dem Färben.

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Über das Wie und Womit kann man (und es wurden auch) viele Bücher verfassen.

 

Mit Beizen die das Leder durchfärben oder Acrylfarben an der Oberfläche oder auch mit Antik-Finishes und diversen Färbetechniken und Materialien wird das Leder von eintönig zu vielseitig umgestaltet.

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Wie ich am Anfang mal einen erfahrenen Lederhandwerker gefragt habe "Was färbt Leder?" bekam ich als Antwort "Das was Leder färbt."  - und diese Aussage ist genau so flach wie korrekt.

 

Der Prozess ansich ist jedoch simpel: Mit Schwämmchen oder Pinseln werden die diversen Färbemittel aufs Leder aufgetragen und dann das Werkstück zum Trocknen in Ruhe gelassen. Mit Finishes wird die Farbe anschließend im Leder fixiert.

Wir "Nähern" uns dem Ende: Alles was fehlt wenn unsere Teile fertig punziert und gefärbt sind, ist das Zusammenfügen.

Nieten & Nähen sind dabei die gängigsten Formen. Ich persönlich bevorzuge das Hand-Nähen mit besonders strapazierfähigen Garnen. Das sorgt für eine angenehme Haptik der Werkstücke und eine hohe Lebensdauer.

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Eine Naht wird grundsätzlich im sogenannten "Sattlerstich" mit zwei Nadeln gegenläufig genäht und kann bei einer sauberen Ausführung ein eigenes Zierelement sein.

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Dabei vernäht man viele Meter und verbringt auch so einige Stunden am "Sattlerpony" sitzend.

Ist die Naht abgeschlossen und die letzte Niete verklopft, sind wir endlich am Ziel und das Werkstück ist fertig.

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Ein Lesezeichen, so wie hier in dieser Bildergalerie,  verbraucht natürlich weder viel Material noch besonders viel Zeit.  Aber ich hoffe durch die hier ein wenig aufgerollte Herangehensweise wird deutlich, wie viel Zeit in solchen Werkstücken stecken kann.

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Buchhüllen, wie sie in meinen Galerien zu sehen sind, brauchen schon gut 20 Stunden von der Idee bis zum fertigen Stück und so manche Tasche oder Maske hat mich Wochen lang beschäftigt.

Natürlich kann man in so einer eher kurzen Beschreibung nicht alles was zum Lederhandwerk gehört erklären oder näher bringen. Auch sind bei weitem nicht alle Möglichkeiten dargestellt.

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Ich freue mich wirklich wenn es Fragen zu diesem faszinierenden Handwerk gibt die über die Kontaktseite an mich herangetragen werden!

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